Preview Mode Links will not work in preview mode

MS-Perspektive - der Multiple Sklerose Podcast mit Nele Handwerker


Oct 24, 2021

In Folge #107 vom MS-Perspektive Podcast beginne ich mit einer neuen Reihe zu den Symptomen der MS. Los geht es mit der Fatigue. Was ist chronische Müdigkeit? Wie entsteht sie? Und was kann man am besten dagegen tun?

Wann tritt chronische Müdigkeit auf?

Häufig bereits zu Beginn der Erkrankung. Sie kann sich auch erst im späteren Verlauf bemerkbar machen. Insgesamt sind 4 von 5 MS-Patienten sind mehr oder weniger von der Fatigue beeinträchtigt.

Welche Bereiche beeinflusst die Fatigue?

Die Fatigue kann den kompletten Körper, aber auch die geistigen Fähigkeiten beeinträchtigen. Körperliche Anstrengungen werden zur großen Hürde und die geistige Aufnahmefähigkeit reduziert sich. Es kann dir schwerfallen einem Gespräch zu folgen, länger spazieren zu gehen und vieles mehr.

Was steckt dahinter?

Zum einen MS-Läsionen, die zu einem langsameren Transport von Reizen und Signalen über die geschädigten Nervenbahnen führen. Hinzukommt ein veränderter Stoffwechsel.

Außerdem gibt es noch indirekt Einflüsse. Wenn du schlecht siehst, benötigt dein Körper für die Kompensation zusätzliche Energie. Das gleiche gilt für Schmerzen, psychische Anspannung oder hohe Temperaturen. Alle Auswirkungen oder negativen Einflussfaktoren auf die MS rauben dir Energie, die dann an anderer Stelle fehlt und die Fatigue verstärkt.

Wenn du viele Medikamente nimmst, kann es sein, dass eins oder mehrere davon deine Fatigue verstärken, weil sie müde machen. Lass das von deinem behandelnden Arzt überprüfen. Oft gibt es mehrere Wirkungsweisen, sodass ein Medikament womöglich durch ein anderes ersetzt werden oder niedriger dosiert werden kann. Oder eine Wechselwirkung bringt unerwünschte Nebenwirkungen mit sich. Die Fachleute können Dir da gewiss weiterhelfen.

Wie gehst du am besten mit der Fatigue um?

Da die Fatigue zu den unsichtbaren Symptomen der MS zählt, hat sie zum einen lange Zeit keine Aufmerksamkeit bei der Behandlung erhalten. Das hat sich zum Glück gebessert. Dennoch bleibt es weiterhin schwer, Fatigue Außenstehenden zu erklären. Viele verwechseln die Fatigue mit normaler Müdigkeit, weil sie das kennen. Ein kleiner Vorteil ist sicherlich, dass Covid-19 ebenfalls zur Fatigue führen kann und das Problem der chronischen Müdigkeit nun einer größeren Öffentlichkeit bekanntgeworden ist.

Was hilft bei chronischer Müdigkeit?

Eine bewusste Lebensweise mit gesundem Essen tut dir gut. Trinke ausreichend, mindestens zwei Liter am Tag, bei Wärme oder sportlicher Betätigung auf jeden Fall mehr.

Tipps zur Ernährung findest Du in diesen drei Podcasts:

Des Weiteren solltest du dir regelmäßige Pausen gönnen. Probiere ein bisschen herum mit Länge, Dauer, Häufigkeit und Art der Pause, damit du dein Optimum findest.

Kühle deinen Körper durch entsprechende Kleidung im Sommer. Es gibt spezielle Kleidung, die Kühlung ermöglicht, aber du kannst auch einfach die Verdunstungskälte nutzen, indem du deine Kleidung etwas befeuchtest. Aber bitte nicht übertreiben, ein Schnupfen im Sommer macht keinen Spaß.

Vielleicht kannst du dir deine Zeit flexibel einteilen und die Mittagshitze für eine Pause nutzen wie in den südlichen Ländern.

Sport bringt dich in Schwung

In jedem Fall helfen Sport und Bewegung. Vor allem Ausdauersport, wie Joggen, Schwimmen oder Radfahren sind gut. Scheue Dich nicht zum E-Bike zu greifen oder mit Stöcken Nordic Walking zu machen und damit gleichzeitig deinen Gang zu stabilisieren. Ganzkörpertraining wie Yoga, Pilates sowie Sport zu Musik zum Beispiel Salsa oder Hip-Hop helfen dir gegen die chronische Müdigkeit. Starte lieber langsam und erhöhe allmählich dein Pensum, um dich nicht gleich zu Beginn zu überfordern, Verletzungen zu vermeiden und dauerhaft motiviert zu bleiben.

Die DMSG hat das SpokS Sportprogramm, was in fast allen Landesverbänden angeboten wird. In Folge 84 interviewe ich Dr. Woschek zu den Sportorientierten Kompaktschulungen. Hör gleich mal rein.

Oder du fragst deinen Physiotherapeuten beziehungsweise während deiner Reha nach geeigneten Übungen.

Falls du im Großraum Hamburg wohnst, kannst du an der Studie Activity Matters des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) teilnehmen. Dort lernst du in 12 Wochen nicht nur Sportarten dran und welche Vorteile sich dahinter verbergen, sondern auch, was du davon hast und wie du den inneren Schweinehund besiegst.

Was ist die beste Prävention gegen Fatigue?

Wie schon so oft erwähnt, ist das die verlaufsmodifizierende Therapie, die bei Dir im besten Fall zu einem Stopp der Multiplen Sklerose führt oder die Krankheitsaktivität mindestens stark eindämmt. Derzeit gibt es drei Level von Therapieoptionen.

Level eins ist die Basistherapie für milde Verläufe. Level zwei und drei sind Eskalationstherapien, die hochwirksamer ins Immunsystem eingreifen, um aktive und hochaktive MS-Formen behandeln zu können. Außerdem gibt es noch die Stammzelltherapie als letzten Eskalationsschritt der Behandlung.

Wenn Du mehr erfahren möchtest, höre in diese Folgen rein:

Bei kognitiver Fatigue gilt, trainiere Dein Gehirn. Das kann auf verschiedene Arten erfolgen. Indem du eine neue Sprache lernst, Apps nutzt oder dich intensiv mit einem Thema auseinandersetzt, wo du viel neues lernst. Mehr dazu erfährst du in Folge #016 – Gehirnjogging.

Was kannst du noch gegen Fatigue tun?

Schnappe täglich ausreichend frische Luft, und zwar bei Tageslicht. Dreißig Minuten sind ein gutes Minimum, natürlich gern mehr. Wenn du währenddessen noch Sport machst, profitierst du doppelt durch die erhöhte Sauerstoffversorgung.

Falls du rauchst, dann versuche schnellstmöglich Nichtraucher zu werden. Rauchen verschlechtert deine Prognose bei Multipler Sklerose. Alkohol solltest du ebenfalls nur in geringen Mengen zu dir nehmen oder ganz sein lassen. In Folge 089 erfährst du mehr zu den Auswirkungen von Lifestylefaktoren auf die MS, dass ich mit Prof. Dr. Mathias Mäurer geführt habe.

Pflege Seele und Geist

Falls dir die Psyche zu schaffen macht, suche dir Hilfe. Eine Psychotherapie kann viele alte Probleme und Denkweisen auflösen, die dich belasten. Oder vielleicht ist eine Gesprächsgruppe das richtige für Dich oder Techniken aus dem Schreiben.

In jedem Fall solltest du dich auf die positiven Dinge konzentrieren, auf all das was du geschafft hast. Dafür kannst du ein Erfolgstagebuch nutzen, dass du jeden Tag mit Einträgen befüllst.

Eine andere Alternative ist das Glückstagebuch, in das du all die Momente des Tages eintragen, die dich glücklich gemacht haben, wie das Eichhörnchen, das du gesehen hast, der schöne Sonnenaufgang, der leckere Tee, …

Aufklärung hilft

Zu guter Letzt ein Ratschlag: Sprich die Fatigue an, wo sie zum Tragen kommt. Das vermeidet Missverständnisse. Natürlich kann es sein, dass du mehrfach erklären musst, was die chronische Müdigkeit mit dir macht. Und eventuell benötigt dein Gegenüber Tipps, wie die Zusammenarbeit für dich am besten funktioniert. Das macht im privaten, aber auch beruflichen Zusammenhang Sinn.

Wenn die Menschen wissen, dass du Pausen benötigst oder einem Meeting nicht vollständig beiwohnen kannst, verstehen sie es vielleicht. Ohne Erklärung gibt es viele Fragen und Verunsicherungen. Und zuhause könnte eine Haushaltshilfe etwas Arbeit abnehmen oder die Aufgaben auf mehrere Personen verteilt werden.

Kreativ finden sich Lösungen.

Bis bald und mach das beste aus deinem Leben,
Nele

Mehr Informationen und positive Gedanken erhältst Du in meinem kostenlosen Newsletter.

Hier findest Du eine Übersicht zu allen bisher veröffentlichten Podcastfolgen.