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MS-Perspektive - der Multiple Sklerose Podcast mit Nele Handwerker


Mar 27, 2023

Die Jobchancen für Menschen mit Beeinträchtigungen waren selten so gut wie jetzt, wo Fachkräftemangel herrscht. Stephan Wenn gibt Tipps.
Hier geht es zum Blogbeitrag, wo Du die Folge als Transkript zum Nachlesen findest: https://ms-perspektive.de/189-jobchancen-trotz-einschraenkungen

Diesmal spreche ich mit Stephan Wenn über Jobchancen trotz Einschränkungen. Stephan hat mehrere Jahre bei der Agentur für Arbeit Menschen mit Beeinträchtigungen gebracht und dabei als Schnittstelle zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern fungiert. Mittlerweile nimmt er diese Rolle als einheitlicher Ansprechpartner für Arbeitgeber wahr. Er ermutigt Menschen dazu sich ihrer Wertigkeit bewusst zu sein oder zu werden und sich auf die persönlichen Stärken zu besinnen.

Einem Job nachzugehen ist gut für die finanzielle Situation, stärkt das Selbstwertgefühl und der Job ist auch eine wichtige Komponente für soziale Interaktion. Aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels öffnet sich der Arbeitsmarkt immer mehr für Menschen, die nicht Vollzeit arbeiten können und womöglich spezielle Unterstützungen benötigen. Und die Agentur für Arbeit, wie auch andere Stellen haben vielfältige Hilfen, auf die zurückgegriffen werden kann und die Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Anspruch nehmen können.

Wir sprechen über die verschiedenen Einschränkungen, die mit MS-Symptomen einhergehen können – körperlich, geistig oder psychisch, wie wichtig es ist offen über spezielle Bedürfnisse zu sprechen und wann der richtige Zeitpunkt im Bewerbungsprozess dafür ist. Ein offenes Gespräch über die Möglichkeiten und Vorteile des Arbeitens trotz bestehender Einschränkungen und ein Appell diesen Aspekt des Lebens solange wie möglich aufrecht zu erhalten.

 
 

Vorstellung

Stefan Wenn, in Kürze 58 Jahre alt, drei Kinder, alles Töchter. Die beiden älteren sind 30 und 25 und die jüngste ist dreieinhalb. Da kann man jetzt schon erahnen, dass es da mal ein kleines Break gegeben hat.

Ich bin gelernter Versicherungskaufmann, habe 20 Jahre in der weltbesten Firma, die es in diesem Bereich gab, gearbeitet. Dann wurden wir gekauft, dann war ich weg, hatte da eine Führungsposition. Und nach Irrungen und Wirrungen des Lebens, mit Herzinfarkt, Hirnblutung und allem was dazu gehört, durfte ich vor mittlerweile elf Jahren, zwölf Jahren meine heutige Lebensgefährtin kennenlernen. Wir haben dann einen Plan gemacht, den haben wir umgesetzt und es gibt mich immer noch.

Die Irrungen und Wirrungen des Berufslebens haben mich dann irgendwann zur Agentur für Arbeit gebracht und dann habe ich sechs Jahre Menschen mit Schwerbehinderung in den Arbeitsmarkt integriert. Also habe Arbeitsplätze akquiriert, geschaffen, sensibilisiert bei Arbeitgebern für Menschen mit Schwerbehinderung. Und habe jetzt zum 1.1.2023 noch mal die Position gewechselt und bin jetzt sogenannter einheitlicher Ansprechpartner für Arbeitgeber. Ganz gruseliger Begriff aber da kommen wir vielleicht im weiteren Verlauf noch mal zu.

Der Weg zur Agentur für Arbeit

Warum bin ich bei der Agentur für Arbeit gelandet? Hätte ich eigentlich gar nicht dürfen, weil Verwaltung ist das eine und so wie ich halt Versicherungsvertrieb sind eigentlich nicht so kompatible Welten. Aber Katrin und ich, meine Lebensgefährtin, wir haben vor mittlerweile zehn Jahren eine Fußballmannschaft für Menschen mit Handicap gegründet. Das machen wir jeden Samstag von neun 9:30 Uhr bis 11 Uhr. Freies Angebot, Gruppe ist mittlerweile so 25-30 Personen stark. Und das wusste die Kollegin bei der Agentur für Arbeit und hat mich angesprochen, hat gesagt “Mensch, Herr Wenn, Sie haben keine Sorge und Nöte vertrieblich vorzugehen, Arbeitgeber anzusprechen. Sie haben ein gewisses Faible für Menschen mit Schwerbehinderung. Können Sie sich nicht vorstellen, bei uns zu arbeiten?”. Und dann habe ich mir das erst nicht vorstellen können. Und habe Katrin gesagt “Mensch, was soll ich denn bei einer Verwaltung?”. Und sie hat sehr pragmatisch geantwortet und hat gesagt “was ist denn die Alternative?”. Ja, und dann habe ich mich beworben und habe den Job gekriegt, ja. Und heute sitze ich hier und darf mit dir ein bisschen über dieses Thema sinnieren. #00:02:45#

Verabschiedung

Möchtest du den Hörerinnen und Hörern noch etwas mit auf dem Weg geben?

Ja, gerne. Also wenn irgendwas ist, wo man das Gefühl hat, man weiß gerade nicht so weiter oder man würde mal gerne mit einem reden, der vielleicht zuhört aber auch durchaus ehrlich antwortet, kann man mich gerne kontaktieren über dich. Ich bin auch im Netz zu finden. Das ist das eine.

Das zweite ist, ja, nehmt euer Leben selbst in die Hand. Denn es kommt keiner, der euch hilft. Es sei denn, man fragt nach Hilfe. Ich weiß, viele wollen das gar nicht, weil sie ihr Leben selbst gestalten möchten. Ich bin auch eher jemand, der nicht zwingend Hilfe in Anspruch nimmt. Aber wenn es denn im gesamten mir nachher hilft, wäre ich ja verrückt, wenn ich es nicht täte. Das mag ich eben jedem kundtun. Und ja, seid einfach da. Ihr seid so, wie ihr seid und das kann man auch im schlimmsten Fall nicht mehr ändern, also in einer Form der positiven Gesundheit. Und das ist dann einfach so. Und die Gesellschaft, verdammt noch mal, hat ihre Rechte, aber sie hat auch ihre Pflichten und wir sind Teil der Gesellschaft. Schwerbehindert oder nicht spielt keine Rolle.

Im richtigen Umfeld können Menschen mit sichtbarer oder unsichtbarer Beeinträchtigung ihre Leistung bringen 

Man sieht es auch nicht jedem an. Also das ist noch so ein Punkt, wenn du mit Leuten über Schwerbehinderung sprichst, dann weiß kaum einer, dass zehn Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung einen GdB haben. Also einen Grad der Behinderung, das muss man sich mal vorstellen. Das sind acht Millionen Menschen bei knapp 80 Millionen Einwohnern. Und wenn du mit Leuten über Schwerbehinderung sprichst, dann denken die immer an Stephen Hawking, Rollstuhl und der kann nur noch so, oh weh, oh weh. Dem ist nicht so. Ist völlig verrückt. Eines meiner Lieblingsbeispiele ist, und darum sage ich immer, zeigt was ihr drauf habt, und zeigt was ihr könnt und überzeugt damit, ich glaube das Tor des Monats der Sportshow 2016, wenn mich nicht alles täuscht, irgendwann im Oktober oder so, hat ein Mensch mit einer Sehbeeinträchtigung geschossen, also ein Blinder. Das heißt der steht auf derselben Stufe wie Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski und wie all die Helden meiner Jugend hätte ich fast gesagt. Also Menschen, denen man ein Umfeld schafft, in dem sie ihre Leistung bringen können, haben eine hohe Wertigkeit und dann müssen wir es als Gesellschaft schaffen, das Umfeld zu schaffen. Und alles ist gut. Klingt ganz einfach, finde ich. Ist aber schwer umzusetzen, weiß ich auch. #00:51:47#

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Danke an Stephan Wenn und wenn Du mit ihm Kontakt aufnehmen willst für den persönlichen Austausch oder Beratung, schreib mich gerne an.

Bis bald und mach das Beste aus Deinem Leben,
Nele

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